Krebs beim Hund

Krebs beim Hund – vorbeugen, behandeln, bekämpfen


Laut aktueller Statistik entwickelt jeder vierte Hund im Laufe seines Lebens einen Tumor, an dem sogar jeder zweite Hund in einem Alter von über zehn Jahren stirbt. Damit gehört Krebs unangefochten zur häufigsten Todesursache beim Hund. Die gehäufte Diagnose einer Krebserkrankung beim Hund lässt die Frage nach dem „Warum“ lauter werden: Ist Krebs die Folge der Industrialisierung, durch die sich der Mensch zunehmend ungesünder ernährt und dieses Verhalten auf den Hundenapf überträgt oder ist die immer fortschrittlichere Kleintiermedizin, die unsere Hunde insgesamt älter werden lässt und dabei bessere Diagnosemöglichkeiten zur Hand hat, Grund für den Anstieg der Krebsdiagnosen?

Mit der Frage, ob Ernährung oder Diagnosemöglichkeit, Lebenswandel oder Lebenserwartung nun die Ursachen für das verbreitete Aufkommen von Tumoren beim Vierbeiner sind, beschäftigen sich immer mehr wissenschaftliche Studien. Krebs soll schließlich endlich heilbar werden. Für dieses Ziel ziehen Human- und Tiermediziner an einem Strang ? erhofft man sich doch gegenseitige Erkenntnisse, die im Kampf gegen den Krebs hilfreich sein können, denn die tückische Krankheit ist nicht nur beim Hund, sondern auch beim Menschen auf dem Vormarsch.

Vergleicht man die Krebserkrankungen von Hund und Mensch, fallen einem neben Gemeinsamkeiten auch interessante Unterschiede auf. Während sowohl beim Zwei- als auch beim Vierbeiner Mammatumore bzw. Brustkrebs eine häufige Form der Krebserkrankung ist, ist der beim Mann verbreitete Prostatakrebs eher weniger bei Rüden zu finden. Auch der beim Menschen gefürchtete und häufig auftretende Lungenkrebs schlägt beim Hund eher selten zu, während Knochensarkome, Hämangiosarkome (Gefäßtumoren) und Mastzelltumoren eher Vier- als Zweibeiner betreffen.

Jede Minute zählt
Um einen Krebs bestmöglich zu therapieren, ist Zeit ein immens wichtiger Faktor. Dies bedeutet: Je früher die Erkrankung festgestellt wird, desto besser ist die Chance auf Heilung!

Viele Hundehalter scheuen dabei weder große Summen noch persönliche Opfer, um ihrem Liebling die bestmögliche Diagnostik und Therapie zukommen zu lassen. In der Kleintiermedizin haben sich durch breite Forschung, rasante Entwicklung medizinsicher Möglichkeiten und dem immer höheren Stellenwert des Hundes für den Menschen verschiedene Fachbereiche entwickelt, die denen der Humanmedizin in fast nichts nachstehen. So auch die Onkologie für Hunde. Neben operativen Eingriffen zur Tumorentfernung kann bei der Krebsbehandlung für den Hund heutzutage auf eine breite Palette an Therapien bis hin zur Strahlen- und Chemotherapie zurückgegriffen werden. Selten fürchtet ein Besitzer die damit verbundenen Kosten, wenn es durch die Behandlungen eine Möglichkeit der Heilung oder der Lebensverlängerung gibt. Hierbei sollte jedoch streng darauf geachtet werden, dass die Lebensqualität des Hundes durch die weiteren Schritte tatsächlich verbessert wird.

Vom ersten Verdacht zur Diagnose
Da Hunde ihrem Herrchen schlecht selber mitteilen können, ob irgendwo etwas drückt oder sie sich müde und abgeschlagen fühlen, ist Krebs entweder ein Zufallsbefund (Schatten auf dem Röntgenbild, auffälliges Blutbild u.a.), macht durch unspezifische Symptome auf sich aufmerksam oder sticht dem Besitzer als auffällige Umfangsvermehrung ins Auge. Wird beim Hund zum Beispiel eine Verdickung oder ein Knoten ertastet, die sonst nicht vorhanden waren, keimt schnell ein Verdacht auf. Doch Achtung vor zu schneller Panikmache: nicht jede Schwellung muss sich als bösartiger Tumor entpuppen. Mysteriöse „Huppel“ können auch einen harmlosen Ursprung haben, denn verkapselte Stiche oder Verletzungen, Fettablagerungen sowie gutartige Entartungen sind rein äußerlich nicht unbedingt von einem bösen Tumor zu unterscheiden. Zur sicheren Diagnose eines Geschwürs muss eine Biopsie durchgeführt werden. Hierbei wird verändertes Gewebe entnommen und im Labor untersucht. Werden bösartig mutierte Zellen nachgewiesen, ist die Krebsdiagnose gesichert.

Verdachtsmomente der Krebserkrankung:
- Dauerhafte / sich vergrößernden Beulen, Knoten oder Massen
- Schlecht heilende Wunden
- Anhaltender Gewichtsverlust, Appetitmangel
- Gesteigerte Blutungstendenz
- Blut in Speichel, Erbrochenem, Harn oder Kot
- Abnormer Ausfluss aus natürlichen Körperöffnungen
- Fress- und Schluckbeschwerden
- Plötzliche Lahmheit ohne Verletzung
- Atem-, Harn- oder Kotabsatzbeschwerden

Paraneoplastische Symptome
Neben einem Knoten oder einem erkennbaren Tumor gibt es bei jeder Krebserkrankung Symptome, die nicht unmittelbar etwas mit der lokalen Veränderung des Gewebes zu tun haben. Diese Anzeichen heißen „paraneoplastische Symptome“ und treten häufig schon in frühen Krebsstadien auf, in denen sie nicht mit dem Tumor in Verbindung gebracht werden können, was sie tückisch macht. Paraneoplastische Nebenwirkungen können für das kranke Tier häufig belastender als der Tumor selber sein.
Klassische Begleiterscheinungen des Krebses sind Abweichungen im Blutbild, wie ein übermäßiger Eiweiß-Gehalt, eine Blutarmut oder radikale Veränderungen des Hormonhaushaltes. Weiterhin kann es zu Knochenveränderungen und Gelenkstörungen, Organentzündungen oder Nervenausfällen kommen. 
Neben der Therapie der paraneoplastischen Symptome muss der Tiermediziner abwägen, ob es möglich ist, den Tumor operativ zu entfernen oder durch Strahlen-oder Chemotherapie im Wachstum zu hemmen. Auch Radio- oder Immuntherapien sind eine Möglichkeit zur Behandlung.
Wenn eine gänzliche Entfernung ausgeschlossen werden kann, liegt das Hauptaugenmerk auf lebensverlängernden Maßnahmen sowie einer Verbesserung der Lebensqualität für den Hund. Ziel ist es, dem Vierbeiner ein Leben ohne Schmerzen und größere Handicaps zu ermöglichen.

Prophylaxe statt Therapie
Besser als eine Krebstherapie ist selbstverständlich die Krebsprophylaxe, mit der sich Ernährungswissenschaftler und Mediziner gleichermaßen beschäftigen. In verschiedenen Studien sind die prädisponierenden Faktoren für eine Krebserkrankung beim Hund untersucht worden. Während einst die Kastration als Standard zur Prophylaxe von Mammatumoren und andere geschlechtsbezogenen Krebsarten galt, widerlegen neuste wissenschaftliche Ergebnisse den wirklichen Nutzen dieser Methode. So konnte innerhalb einer Studie nur das Alter, nicht jedoch die geschlechtliche „Intaktheit“ in eine direkte Verbindung mit dem Auftreten von Krebs gebracht werden. Ältere Hunde erleiden demnach häufiger einen Tumor als jüngere Tiere, während bei kastrierten gegenüber nicht kastrierten Tieren keine Tendenz festzustellen ist.


Gene und Napfinhalt
Einen weiteren Einfluss auf die Häufung von Krebs hat erwiesenermaßen die genetische Prädisposition. Zu den „Krebs-Risiko-Rassen“ zählen u.a. Irish Water Spaniel, Flat Coated Retriever, Viszla, Bernhardiner, Rottweiler, Leonberger, Staffordshire Terrier und Riesenschnauzer. Neben rassebedingter Vorbelastung, Umwelteinflüssen und dem Alter kommt zudem der Ernährung eine Rolle bei der Krebsentstehung zu. Beim Menschen sind Übergewicht und eine schlechte Ernährung mit wenig Obst und Gemüse schon seit längerer Zeit anerkannte Wegbereiter für eine Krebserkrankung. Zwar fehlen vergleichbare Studien für den Hund, jedoch gibt es interessante Ergebnisse von zwei Hundestudien aus Spanien und den USA: Bei beiden Forschungen konnte ein Zusammenhang von Adipositas und der Ausbildung von Tumoren festgestellt werden. Auch eine Studie aus Schottland lässt interessante Schlüsse zu. Hier konnte durch eine Ernährung mit erhöhtem Gemüseanteil die Erkrankungsrate an Krebs bei genetisch vorbelasteten Hunden reduziert werden. Dies deckt sich mit Studien aus der Humanmedizin, in denen bewiesen wurde, dass Gemüse und Obst antikanzerogene Substanzen enthalten. Eine naturnahe Ernährung mit natürlichen Vitaminlieferanten ist somit nicht nur artgerecht, sondern liefert dem Hund auch eine kerngesunde Basis.

Ist der Hund bereits an Krebs erkrankt, ist es wichtig, ihm eine energiereiche, leicht verdauliche Mahlzeit mit einem hohen Vitaminanteil zu bieten, um die körpereigene Abwehr und Kraft zu mobilisieren. Von Kohlenhydraten für Krebspatienten wird hingegen abgeraten, da von einer katalysierenden Wirkung von Zucker (der aus Kohlenhydraten hervor geht) auf die Tumorzellen ausgegangen wird. Kohlenhydrate würden demnach die bösen Zellen zusätzlich „füttern“.

Häufigste Krebserkrankungen beim Hund:

1. Milchdrüse: „Mammatumoren“
Etwa die Hälfte aller tumorösen Wucherungen bei der Hündin sind Milchdrüsentumore, von denen die Hälfte im Schnitt gutartig ist. Das Durchschnittsalter der vierbeinigen Patienten beträgt 9 Jahre. Die Therapie erster Wahl ist die chirurgische Entfernung, wobei die Prognose von der Größe des Tumors und der eventuellen Metastasierung (Streuung) abhängt. Das Risiko für Tumoren im Brustgewebe der Hündin kann durch eine Kastration vor der ersten Läufigkeit minimalisiert werden. Aus ethischen Gesichtspunkten ist dieses Vorgehen jedoch umstritten und kann deswegen nur bei Risikopatienten aus vorbelasteten Familien uneingeschränkt empfohlen werden.

2. Tumoren der Haut
Eine tumorartige Veränderung an der Haut ist für viele Hundehalter ein „offensichtlicher“ Grund den Tierarzt aufzusuchen. 20-30% aller Veränderungen dieser Art sind bösartig. Größe, Form, Konsistenz, Schmerzhaftigkeit und Wärme können dem Tierarzt Anhaltspunkte liefern, ob vom Tumor Gefahr ausgeht oder er eventuell gutartig ist. In weiterführenden Untersuchungen werden Gewebeproben unter dem Mikroskop und auf die Zusammensetzung ihrer Zellen untersucht. Grundsätzlich kann Hautkrebs bei Tieren jeder Rasse und jeden Alters auftreten. Besonders gefährdet sind jedoch ältere Hunde sowie Vierbeiner mit heller Haut.

Wie bei jeder Krebserkrankung steigt die Aussicht auf Heilungserfolg, wenn der Haut-Tumor frühzeitig erkannt wird. Neben einem chirurgischen Entfernen kann eine begleitende Strahlentherapie empfehlenswert sein.

3. Lymphdrüsenkrebs
Die dritthäufigste Krebserkrankung beim Hund sind Tumoren in den Lymphdrüsen. Hierzu zählen bösartige Lymphome, die in der Regel Lymphknoten, Leber und Milz befallen. Befällt der Krebs die weißen Blutkörperchen spricht man von Leukämie. Häufig tritt die Erkrankung bei Hunden im mittleren Alter auf. Es gibt familiäre und rassebedingte Häufigkeiten. Risikogruppen sind Boxer, Labradore und Rottweiler. Ohne Behandlung sterben die betroffenen Tiere 4-6 Wochen nach der Diagnose. Die Standardbehandlung ist eine Chemotherapie.

4. Maulhöhlenkrebs
Hunde mit Umfangsvermehrungen im Maulbereich fallen durch schlechtes Fressen, Abmagerung und blutigen Speichel auf. Weil die Hundebesitzer die Maulhöhle ihrer Vierbeiner seltener inspizieren, werden die Tumoren meist erst durch diese Symptome oder bei Streuung des Krebses in andere Bereiche entdeckt. Gefährdete Rassen sind Dackel, Boxer, Cockerspaniel und Retriever (Studie Kessler et al.). Die Prognose ist abhängig von Stadium, Metastasierung und Tumor-Typ als vorsichtig bis günstig zu bewerten (Kessler 2003). Häufig werden Chirugie, Strahlen- und Chemotherapie miteinander kombiniert.

5. Weichteil- und Knochenkrebs
Vor allem große und ältere Hunde können an Tumoren der Weichteile und des Bewegungsapparates erkranken. Hierzu zählen:
- Fibrosarkome (Bindegewebe)
- Osteosarkome (Knochen)
- Hämangiosarkome (Gefäße)
- Nasen- und Hirntumore
- Hoden-, Prostata- oder Analbeuteltumore

Quellen:
Breed Predispositions to Cancer in Pedigree Dogs, J. Dobson, Cambridge, 2013

Association of cancer-related mortality, age and gonadectomy in golden retriever dogs at veterinary academic center (1989-2016), M. Kent, USA, 2017

Canine tumor development and crude incidence of tumors by breed based on domestic dogs in Gifu prefecture, S. Komazawa, Japan, 2016

Cancer Chemopreventive Compunds and Canine Cancer, S.J. Baek, M.F. McEntee, M. Legendre, USA, 2009

Mortality in North American Dogs, J.M. Fleming, USA, 2010

Onco-epidemiology of domestic animals and targeted therapeutic attempts: perspectives on human oncology, A. di Cerbo, Italy, 2014